Internationale Begegnungen von Jugendlichen scheinen zu Zeiten einer Pandemie zunächst per se ausgebremst. Wie steht es um die internationalen Begegnungen zwischen Winfriedschüler*innen und deren „international peers“, wie steht es um die Erweiterung linguistischer und insbesondere interkultureller Kompetenzen in schwierigen Zeiten? – Ein Blick zurück in die Jubiläumsschrift zum 90. Geburtstag zeigt unsere zahlreichen Partnerschulen – von Moskau bis in die USA: „Winfriedschule travels the world…“. Allein was unser Nachbarland Frankreich betrifft, so konnten wir noch vor 10 Jahren mit einer „Tour de France“ zu unseren Partnerschulen in Landser (Elsass), in Bordeaux bis in das am Fuß der Pyrenäen gelegene Pau aufwarten. Doch brachte die letzte Dekade einige Veränderungen mit sich – Veränderungen, die nicht nur mit der COVID 19 Pandemie einhergehen, sondern auch anders motiviert sind.
Zeitraum | SchülerInnen | KollegInnen | Ziel |
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08.03.-14.03.2017 | 38 | Stelzer/Happel | Landser in Fulda |
14.05.-19.05.2017 | 24 | Zippel/Scholtz | Bordeaux in Fulda |
21.09.-28.09.2017 | 15 | Bartsch | Moskau in Fulda |
28.09.-04.10.2017 | 20 | Kleinschmidt | Fulda in Landser |
08.02.-14.02.2018 | 20 | Kleinschmidt | Landser in Fulda |
20.09.-26.09.2018 | 14 | Kleinschmidt/Friedrich | Fulda in Alba |
20.09.-26.09.2018 | 20 | Weltin/Becker | Fulda in Landser |
21.09.-27.09.2018 | 15 | Bartsch/Toefl | Fulda in Moskau |
07.03.-13.03.2019 | 14 | Kleinschmidt/Friedrich | Alba in Fulda |
06.03.-12.03.2019 | 24 | Weltin/Becker | Landser in Fulda |
05.04.19-11.04.19 | 08 | Marschner | Oberglogau in Fulda |
19.09.-25.09.2019 | 24 | Kleinschmidt/Angerstein | Fulda in Landser |
20.09.19-26.09.19 | 08 | Marschner/Kolarczk | Fulda in Oberglogau |
05.02.-11.02.2020 | 24 | Kleinschmidt/Angerstein | Landser in Fulda |
10.06.-15.06.2022 | 23 | Zippel/Kleinschmidt | Fulda in Landser |
22.06.-27.06.2022 | 20 | Zippel/Kleinschmidt | Landser in Fulda |
Jahresstatistik 2017-2022: Im Schuljahr 2020/21 macht die Pandemie sämtliche internationale Begegnungen zunichte.
Konzentrieren wir uns zunächst auf den Status quo: Auf französischer Seite ist der Austausch mit der Don Bosco Schule in Landser bei Mulhouse ‚Motor par excellence‘ unserer internationalen Begegnungen. Trotz Pandemie ist unser jährlicher Austausch von Schüler*innen der 10. Klasse mit der französischen Seconde seit 2008 nur einmal ausgefallen, nämlich im Schuljahr 2020 / 2021. Und wurde sogleich durch einen virtuellen Austausch der deutsch-französischen correspondants ersetzt. Und dennoch: Trotz vieler Vorteile der gepriesenen Digitalisierung vermögen virtuelle Begegnungen reale zwischenmenschliche Begegnungen nicht zu ersetzen. Mithin war es kürzlich für uns alle eine große Freude, dass 23 Winfriedschüler*innen vom 10. bis 15. Juni in das Elsass reisen konnten und kurze Zeit später, vom 22. bis 27. Juni hier in Fulda Gastgeber für ihre Austauschpartner*innen werden konnten. Diese realen Begegnungen generieren nicht nur eine Konsolidierung sprachlicher und interkultureller Kompetenzen, in vielen Fällen stiften sie Freundschaften – und sind daher eine interkulturelle und zugleich zwischenmenschliche Bereicherung.
Die Kontakte zu unseren Partnerschulen in Bordeaux und Pau sind nicht gänzlich abgebrochen, doch oft verblassen Schulpartnerschaften durch Pensionierung von Kolleg*innen, die diese über Jahre, gar Jahrzehnte weit über ihren Dienstalltag hinaus organisiert und durchgeführt haben. Dies gilt für das Collège St. Genès in Bordeaux und zum Teil auch für unsere Partnerschule in Moskau. Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Winfriedschule und dem Lyzeum 1511 in Moskau bestanden seit 1991. Somit war dies der am längsten existierende Schüler*innenaustausch mit gegenseitigen Besuchen im jährlichen Wechsel. Lange Zeit konnten wir die persönlichen Kontakte und Gespräche über Systemgrenzen hinweg und trotz zunehmender politischer Verwerfungen aufrechterhalten. Allerdings scheint angesichts der weltpolitischen Lage eine Wiederaufnahme bzw. Fortführung der Beziehungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlichtweg unmöglich. Darüber hinaus bedingt bisweilen auch ein nachlassendes Interesse an der deutschen Sprache im Ausland ein reduziertes Engagement für Schüleraustausche. Dies betrifft konkret das an der spanischen Grenze liegende Pau wie auch die langjährige Beziehung zur North Carolina School of Science and Mathematics.
Jedoch konnten wir auch in der letzten Dekade neue Brücken bauen. So freuen sich die Schüler*innen der dritten Fremdsprache Italienisch, dass wir seit 2018 mit dem Istituto Piera Cillario Ferrero in Alba (Italien) verpartnert sind und einen Schüleraustausch im Piemont durchführen konnten – bellezze culturali e dolce vita italiana inbegriffen.
Um auch unseren Lateinschüler*innen internationale und -kulturelle Erfahrungen zu ermöglichen, bietet die Winfriedschule diesen in der 10. Klasse eine einwöchige Studienfahrt nach Rom an – parallel zum Austausch mit Landser für die Französischlernenden. Omnes viae Romam ducunt… auch die der Winfriedschule! Hierbei geht es a fortiori um die Förderung von historischer interkultureller Kompetenz, gar um eine ‚Verlebendigung‘ der römischen Antike.
Auch hoffen wir, in postpandemischen Zeiten den seit 2008 bestehenden Austausch mit der Zespol Szkol in Fuldas Patenstadt Oberglogau wieder aufleben zu lassen.
Und weitere internationale Beziehungen werden bereits eifrig „hinter den Kulissen“ geknüpft…hoffentlich kann die nächste Festschrift mehr darüber berichten…J
Fazit: internationale Begegnungen von Jugendlichen sind Diplomatie im Kleinen, sind sowohl von weltpolitischen Interessen als auch von persönlichen Beziehungen abhängig, sind von der Pandemie zwar ausgebremst, aber nicht unmöglich gemacht worden und bleiben fester Bestandteil unserer Winfriedschule.
Allen Kolleg*innen, die unseren Schüler*innen internationale Begegnungen resp. Erfahrungen ermöglichen, sei an dieser Stelle herzlich gedankt, fordern sie von uns Lehrenden nicht nur ein hohes Engagement und die Investition an privater Zeit und auch Ressourcen, sondern insbesondere Hingabe, nicht nur um unserer Schüler*innen, sondern ganzheitlich um bi- resp. multikultureller Verständigung willen.
Steffen Kleinschmidt